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Erschienen in der
Rheinischen Post/D Luxe - Das Lifestyle Magazin
Ausgabe Frühjahr / Sommer 2009.
Ein Essay von Jörg Mehl
Rasante Liebschaften
Oldtimer, vor allem historische Rennwagen,
sind die Passion all derer, die Motoröl
im Blut haben.
Wie Bernd Hahne, wie Hans Schede,
wie Hein Gerike.
Drei Männer, drei Porträts - drei Facetten
einer Passion. |
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Der Rennfahrer
Das Portrait von Bernd Hahne
„Die Leute verstehen nicht mehr zu leben", sagt Bernd Hahne. „Leben ist etwas anderes als bloß Konsum".
Die Freude an schnellen Wagen, Rennen fahren, siegen - das ist Leben für den 64-Jährigen.
Und die Freude, seine Begeisterung mit anderen zu teilen. Nürburgring, Mugello, Le Mans, Spa, Magny-Cours in Ferraris,
Maseratis, Alfas:
In nahezu allem, was sich im Renntempo bewegen lässt, ist Hahne gefahren. Und er fährt heute noch etwa zehn Rennen
im Jahr - immer in seinem eigenen Stil, den selbst wohlmeinende Freunde als „verrückt" bezeichnen. Kurven fährt er so quer,
dass er besser aus der Seiten- als aus der Windschutzscheibe schaut. Das hat er als junger Spund von seinem Bruder gelernt,
dem damaligen BMW-Werksfahrer Hubert Hahne, „und es zu der Zeit schon mit meinem Käfer immer wieder probiert."
Die ersten Rennen fuhr Bernd Hahne auf einem Honda N 360, da hatte er gerade mal ein Jahr den Führerschein. Seither hat
der Mann aus Meerbusch eine beeindruckende Serie von Erfolgen hingelegt, darunter zwei Meistertitel in der Ferrari Challenge -
in drei Saisons. Die Trophäen seiner Triumphe zieren ganze Regalmeter; die Siegerpokale sind deutlich in der Überzahl
gegenüber den Preisen für die übrigen Podestplätze.
Sein Hobby ist ihm Beruf geworden, als Maserati- und Ferrari-Repräsentant bei der Scuderia Auto Becker, später bei Lueg
sportivo. Jetzt ist Bernd Hahne Rentner im Unruhestand, vermittelt „schöne italienische Autos" an Menschen mit Spaß
am Motorsport. Und er demonstriert als Instruktor den Besitzern historischer Rennwagen, wie sie die schnellen Schönheiten
fahren können. Denn das Gefühl für die Reaktion des Fahrzeugs in Extremsituationen, für das feine Zusammenspiel
von Pedalen und Lenkrad, geht den meisten Fahrern heutiger Wagen mit all ihren technischen Helferlein wie Antiblockier-
systemen und Traktionskontrollen schlicht verloren.
Hahne will an die Grenzen gehen - und darüber hinaus; die des Fahrers und die des Autos. „Mit 300 Sachen und mehr geradeaus
fahren ist langweilig. Eine Kurve, die höchstens 60 Stundenkilometer verträgt, auch mit 60 zu fahren und nicht mit 59,5 - das ist
die Herausforderung." Dafür braucht es neben Können und Fitness Gefühl; das „Popometer". Die Blanchimont in Spa ist so eine
Kurve. „Ich weiß, die geht mit Vollgas", schwärmt Hahne. „Dafür brauche ich acht, manchmal zehn Runden; nach fünf Runden
bremse ich nicht mehr, lupfe nur noch den Gasfuß. Nach acht geht sie dann voll." Zwingen lässt sich die spröde Belgierin nicht,
„das hängt von der Tagesform ab. Und wenn du es nicht schaffst, wird's teuer. Aber wenn's dann klappt...!"
Die Eau Rouge in Spa, diesen schwindelerregendsten Abschnitt der „Ardennen-Achterbahn", geht er mit seinen Kunden zu Fuß
ab. „Dieser unglaubliche Höhenunterschied! Im Auto merkt man gar nicht, wie steil es da runter und wieder rauf geht." Wenn er
auf dem Nürburgring unterwegs ist, durch die grüne Hölle der Nordschleife, fährt er erst ein, zwei Runden, um zu sehen, wie ist
das Wetter, wurde neuer Asphalt aufgebracht, wie ist der Betrieb auf der Strecke? „Gerade wenn man mit historischen Rennwagen
fährt, muss man viele Faktoren beachten", schärft Hahne seinen Kunden ein, wenn sie mit ihm Trainings und Rennen fahren.
Viel hat er selber gelernt von Gaetano Petralia, „einem genialen italienischen Mechaniker. Der hat beispielsweise jeden Reifen
mit einem anderen Luftdruck befüllt - und am Ende des Rennens war der Druck in allen Reifen gleich!"
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Was es ebenfalls braucht, ist Respekt; vor der Strecke,
vor der Gefahr.
Deshalb hält Hahne sich fit, steht jeden morgen gegen
6 Uhr auf, macht erste Übungen. Und fährt exzessiv,
„aber voller Freude!" Fahrrad.
Auch die 20 Kilometer lange Nordschleife hat der drahtige,
weißhaarige Mann mit dem Lächeln im Blick schon mit
dem Rennrad bezwungen - genauso wie zu Fuß, joggend,
und bei Schnee auf Langlaufskiern.
Am liebsten sind Hahne die Leute, denen die Leiden-
schaft für Fahrzeuge und Wettkampf mehr bedeutet
als das Geld, das in diesem Sport mit den teilweise
exklusiven, seltenen und teuren Rennwagen natürlich
auch eine Rolle spielt.
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Seinen Ferrari, einen blauen 330 GTC ( „blu pozzi - die einzige mögliche Farbe für solch einen Ferrari!" ), einen Zwölfzylinder,
den er zwei Jahre lang mit Freunden restauriert hat, fährt er jetzt seit 27 Jahren. „Für diesen Ferrari könnte man sicher einen
stolzen Preis erzielen, aber den gebe ich nicht mehr ab. Dafür habe ich einfach zu viel Freude an diesem Auto - und Freude
kann man für Geld nicht kaufen."
Und auch nicht die Freude an großartigen Momenten. Wie jenem, als er bei einem Classic-Grand-Prix in einem Alfa GTA von
ganz hinten starten musste und sich, quer durch die Kurven driftend, einen nach dem anderen aus dem enteilenden Feld holte.
Am Ende schnappte er sich tatsächlich noch den führenden Ferrari. Einer seiner geschlagenen Konkurrenten drückte ihm noch
im Parc fermée die Hand mit den Worten:
„Gratuliere, das war Rennsport!" Der Mann war Stirling Moss.
Erschienen in der Rheinischen Post/D Luxe - Das Lifestyle Magazin, Ausgabe Frühjahr / Sommer 2009
Text: Jörg Mehl / Fotos im Artikel von Bernd Hahne: Klaus Wolf
Bernd Hahnes Bilanz (Auszug)
1988 und 1996 Mille Miglia auf Ferrari 166MM (Ex-Scuderia Ferrari)
1989-90 Shell-Pokal, historischer Rennsport, sieben Rennen, nur erste und zweite Plätze
1992 Historische Tourenwagen-Europameisterschaft, Vize-Europameister
1993 und 1996 Meister Ferrari Challenge
1997 - 2003 Erfolge in der Maserati und in der Ferrari History Challenge
2005 Tour Auto auf Alfa GTA: vier Rennen, vier Siege
2007 ADAC Nürburgring Classic: Klassensieg im Alfa TZ 2
6 Starts bei dem 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring (Tourenwagen)
3 Starts beim 24-Stunden-Renne Circuit Paul Ricard/Le Castellet ( Historischer Rennsport );
1. Platz seiner Klasse, 2. Platz im Gesamtklassement
Zwölf mal Tour de France auto
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